Nettiquette
(Schockert, 30.06.2004, id=639721)
Dieser Artikel soll Ihnen helfen, die Umgangsformen im Internet, die sich mit der Zeit eingebürgert haben, kennenzulernen, und Ihnen über die wichtigsten Stolpersteine hinwegzuhelfen.
Es folgen einige Tips, wie man das Internet effizient und auch höflich zu aller Zufriedenheit benutzen kann (und sollte):
1. Vergiß niemals, daß auf der anderen Seite ein Mensch sitzt!
Die meisten Leute denken in dem Augenblick, wo sie ihre Artikel und Mails verfassen, leider nicht daran, daß die Nachrichten nicht ausschließlich von Computern gelesen werden, sondern auch von (anderen?) Lebewesen, in erster Linie von Menschen.
Je nach Distribution kann Ihre Nachricht von Leuten z. B. in ganz Deutschland und der Schweiz gelesen werden. Denken Sie stets daran und lassen Sie sich nicht zu verbalen Ausbrüchen hinreißen. Bedenken Sie: Je ausfallender und unhöflicher Sie sich gebärden, desto weniger Leute sind bereit, Ihnen zu helfen, wenn Sie einmal etwas brauchen.
Eine einfache Faustregel: Schreibe nie etwas, was Du dem Adressaten nicht auch vor anderen Leuten ins Gesicht sagen würdest.
2. Erst lesen, dann denken, dann nochmal lesen, dann nochmal denken - und dann erst posten!
Die Gefahr von Mißverständnissen ist bei einem geschriebenen, computerisierten Medium besonders hoch. Vergewissern Sie sich mehrmals, daß der Autor des Artikels, auf den Sie antworten wollen, auch das gemeint hat, was Sie denken. Insbesondere sollten Sie darauf achten, ob nicht vielleicht Sarkasmus oder eine ähnliche Abart des Humors :-) benutzt wurde, ohne ihn mit dem Smiley-Symbol :-) zu kennzeichnen.
3. Fasse Dich kurz!
Niemand liest gerne Artikel, die mehr als 50 Zeilen lang sind. Denken Sie daran, wenn Sie Artikel verfassen. Nebenbei: Es empfiehlt sich, die Länge der eigenen Zeilen unter etwa 70 Zeichen zu halten.
4. Deine Artikel sprechen für Dich. Sei stolz auf sie!
Die meisten Leute auf dem Netz kennen und beurteilen Sie nur über das, was Sie in Artikeln oder Mails schreiben. Versuchen Sie daher, Ihre Artikel leicht verständlich und möglichst ohne Rechtschreibfehler zu verfassen.
Ein Duden neben dem Rechner mag manchem als Übertreibung erscheinen; in Anbetracht der Tatsache, daß viele Leser den Autor eines vor Fehlern beinahe unleserlichen Artikels für einen (um es ganz deutlich zu sagen) Vollidioten halten, ist diese Investition vielleicht nicht ganz verfehlt.
Bedenken Sie, daß ihr Anliegen nicht rüberkommt, wenn es nicht einmal den elementaren Anforderungen an Stil, Form und Niveau genügt.
Bedenken Sie bitte auch: Vielleicht lesen Ihre zukünftigen Kollegen oder Ihr zukünftiger Chef mit. Vorurteile bilden sich leicht.
5. Nimm Dir Zeit, wenn Du einen Artikel schreibst!
Einige Leute denken, es würde ausreichen, einen Artikel in zwei Minuten in den Rechner zu hacken. Besonders im Hinblick auf die vorangegangenen Punkte ist das aber kaum möglich. Sie sollten sich Zeit nehmen, um einen Artikel zu verfassen, der auch Ihren Ansprüchen genügt.
6. Vernachlässige nicht die Aufmachung Deines Artikels!
Es ist natürlich nicht zwingend, einen Schreibmaschinenkurs mitgemacht zu haben, jedoch ist es ratsam, sich mit den wichtigsten der "Regeln für Maschinenschreiben" (z. B. DIN 5008) vertraut zu machen.
Darüberhinaus sollten Punkte und Kommas selbstverständlich sein; durch Groß- und Kleinschreibung wird der Text leserlicher. Absätze lockern den Text auf, wenn sie alle paar Zeilen eingeschoben werden.
7. Achte auf die "Subject:"-Zeile!
Wenn Sie einen Artikel verfassen, achten Sie bitte besonders auf den Inhalt der "Subject:"-Zeile. Hier sollte in kurzen Worten (möglichst unter 40 Zeichen) der Inhalt des Artikels beschrieben werden, so daß ein Leser entscheiden kann, ob er von Interesse für ihn ist oder nicht.
In länger dauernden Diskussionen kann es passieren, daß das Thema, über das debattiert wird, vom ursprünglichen "Subject" abweicht. Bitte ändern Sie die "Subject:"-Zeile entsprechend ab. Eine gute Angewohnheit ist es, wenn Sie den alten Titel zusätzlich noch angeben; bei Followups auf solche Artikel sollte der alte Titel aber entfernt werden. Ein Beispiel:
Nach dem Drücken von "F" im Newsreader (meist "nn" oder "rn") werden Sie mit "Subject: Re: Kohlrabi im Vorgarten" konfrontiert. Die Diskussion ist aber längst auf das Thema "Erbsen im Treibhaus" abgeschweift. Also ändern Sie wie folgt: Subject: Erbsen im Treibhaus (war: Re: Kohlrabi im Vorgarten)
Sollte die "Subject:"-Zeile nun länger als 80 Zeichen werden, so ist es sicher nicht schlecht, den alten Titel abzukürzen.
Followups auf Ihren neuen Artikel sollten nur noch den Titel Subject: Re: Erbsen im Treibhaus erhalten.
8. Denke an die Leserschaft!
Überlegen Sie sich vor dem Posten eines Artikels oder Followups, welche Leute Sie mit Ihrer Nachricht erreichen wollen. Ein Artikel mit dem Titel "Fernseher Bj. 1972 an Selbstabholer" ist in einer regionalen Newsgruppe sicher wesentlich besser aufgehoben als in einer weltweit lesbaren "de.*"-Gruppe.
Wählen Sie die Gruppe (oder Gruppen), in die Sie schreiben, sorgfältig aus. Posten Sie, wenn irgend möglich, nur in EINE Gruppe. Ein "Crossposting" eines Artikels in mehrere, womöglich inhaltlich verwandte Gruppen ist nicht empfehlenswert. Wenn Sie dennoch ein Crossposting (durch Angabe mehrerer Gruppennamen in der "Newsgroups:"-Zeile) in die Welt setzen, lenken Sie bitte darauffolgende Postings mit Hilfe der "Followup-To:"-Zeile in _eine_ Gruppe.
9. Vorsicht mit Humor und Sarkasmus!
Achten Sie darauf, daß Sie Ihre sarkastisch gemeinten Bemerkungen so kennzeichnen, daß keine Mißverständnisse provoziert werden. Bedenken Sie: In einem schriftlichen Medium kommt nur sehr wenig von Ihrer Mimik und Gestik rüber, die Sie bei persönlichen Gesprächen benützen würden.
Im Netz gibt es für diesen Zweck eine ganze Reihe von Symbolen; die gebräuchlichsten sind ":-)" und ":-(". Wenn Ihnen nicht sofort auffällt, was diese Symbole bedeuten sollen, legen Sie den Kopf doch einfach auf die linke Schulter und schauen Sie nochmal... :-)
10. Kürze den Text, auf den Du Dich beziehst, auf das notwendige Minimum!
Es ist eine gute Angewohnheit, Texte, auf die man sich bezieht, wörtlich zu zitieren. Wenn Sie einen Followup-Artikel schreiben, wird Ihnen der gesamte Text, auf den Sie sich beziehen, von Ihrem Newsreader-Programm zum Bearbeiten angeboten. Der Originaltext wird dabei im Allgemeinen durch Zeichen (ähnl. wie dieser Absatz) '>' eingerückt, um klar ersichtlich zu machen, daß es sich dabei um zitierten Text handelt.
Machen Sie es sich zur Angewohnheit, nur gerade so viel Originaltext stehen zu lassen, daß dem Leser der Zusammenhang nicht verlorengeht. Das ist a) wesentlich leichter zu lesen und zu verstehen und b) keine Verschwendung von Resourcen.
Lassen Sie den Originaltext aber auch nicht ganz weg! Der Leser Ihres Artikels hat den Artikel, auf den Sie sich beziehen, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr exakt in Erinnerung und hat ohne weitere Anhaltspunkte große Mühe, den Sinn Ihrer Ausführungen zu erkennen.
ACHTUNG: Auch die UNTERSCHRIFT oder die SIGNATURE der Originalnachricht sollte nur dann zitiert werden, wenn darauf auch inhaltlich Bezug genommen wird. Wie die ebenso lästige DOPPELSIGNATURE ist dies ein FEHLER, den der Betreffende selbst oft nicht bemerkt. Ein persönlicher Hinweis (bitte nur als MAIL!) kann in beiden Fällen nicht schaden.
11. Benutze Mail, wo immer es geht!
Wenn Sie dem Autor eines Artikels etwas mitteilen wollen, überlegen Sie sich bitte genau, ob dafür nicht eine simple Mail ausreicht.
Ein Beispiel: Spätestens dann, wenn hitzige Diskussionen schließlich in wüste Beschimpfungsorgien ausarten, ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Diskussion niemanden außer den Streithähnen interessiert.
Generell gilt: Wenn Sie etwas mitteilen wollen, das auch viele andere Leute interessieren könnte, benutzen Sie die News. Anderenfalls ist eine Mail sicherlich ausreichend.
12. Gib eine Sammlung Deiner Erkenntnisse ans Netz weiter!
Wenn Sie eine Frage an die Netzgemeinde gestellt haben, und darauf Antworten per Mail empfangen haben, welche evtl. auch andere Leute interessieren könnten, fassen Sie Ihre Ergebnisse (natürlich gekürzt) zusammen und lassen Sie damit auch das Netz von Ihrer Frage profitieren.
13. Achte auf die gesetzlichen Regelungen!
Es ist völlig legal, kurze Auszüge aus urheberrechtlich geschützten Werken zu informationellen Zwecken zu posten. Was darüber hinaus geht, ist illegal. Zu den urheberrechtlich geschützten Werken gehören unter anderem Zeitungsartikel, Liedtexte, Programme, Bilder etc. Ebenfalls illegal ist es, mit Wort und/oder Bild zu Straftaten aufzurufen oder zumindest Anleitungen dafür zu liefern.
Achten Sie darauf, daß Sie mit Ihrem Artikel keine Gesetze brechen und bedenken Sie, daß sich evtl. jeder strafbar macht, der solche Informationen auf dem eigenen Rechner hält und anderen zugänglich macht.
14. Benutze Deinen wirklichen Namen, kein Pseudonym!
In der Mailboxszene ist es ab und zu üblich, seine wahre Identität hinter einem Pseudonym zu verbergen. Pseudonyme ermöglichen es auch, Dinge zu sagen und zu tun, die man sich sonst nicht erlauben würde. Aufgrund der negativen Erfahrungen, die sehr viele Leute auf dem Netz mit den Trägern solcher Pseudonyme gemacht haben, und auch aus presserechtlichen Gründen sollten Sie Ihre Artikel mit Ihrem wirklichen Namen versehen. Wenn Sie nicht vorhaben, Ihren Namen preiszugeben, vergessen Sie das Usenet (oder zumindest das Schreiben von Artikeln und Mails) bitte schnell wieder.
Die Betreiber von Systemen, die schreibenden Zugriff auf das Netz anbieten, sind angehalten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen (z. B. Eintragung des "Fullnames" ins GECOS-Feld der Paßwortdatei o. ä.).
15. Kommerzielles?
Ein gewisses Maß an kommerziellen Informationen wird auf dem Netz gerne toleriert, z. B. Adressen von Firmen, die ein bestimmtes Produkt anbieten, nachdem jemand danach gefragt hat. Als unverschämt wird dagegen die Verbreitung von reinen Werbeinformationen angesehen, insbesondere, wenn sie ein gewißes Volumen überschreiten.
Bedenken Sie: Dies ist ein nichtkommerzielles Netz, und nicht jeder will Übertragungskosten für Werbung bezahlen.
16. Keine "human gateways" - das Netz ist keine Mailbox!
Ebenfalls wird davon abgeraten, seine Aufgabe darin zu sehen, Artikel aus verschiedenen anderen, für jedermann zugänglichen Netzen (um Namen zu nennen: Fido, Zerberus, BTX, etc. pp.) ins Netz zu pumpen.
Das gilt insbesondere dann, wenn es den Informationen am allgemein üblichen Niveau mangelt, die darin angesprochenen Tatsachen jedem durchschnittlich intelligenten Menschen bereits bekannt sind oder abzusehen ist, daß sich nur ein verschwindend geringer Bruchteil der Netz-User dafür interessiert.
Bedenken Sie: Das Netz ist keine Daten-Mülltonne.
17. "Du" oder "Sie"?
Aus der Deutschsprachigkeit der "de.*"-Hierarchie erwächst die Frage, ob man andere Netzteilnehmer in Artikeln und Mails "duzen" oder "siezen" sollte. Dafür gibt es keine allgemeingültige Regel; es hat sich jedoch eingebürgert, den Anderen mit "Du" anzureden. 99,9 % der Teilnehmer in der "de.*"-Hierarchie finden das auch völlig in Ordnung und würden es als eher absonderlich ansehen, wenn sie auf einmal gesiezt werden würden. Vielleicht ist diese Netiquette also der letzte Artikel im Netz, in dem Sie geSIEzt werden...
18. Zusammenfassung der Dinge, die Sie bedenken sollten...
Vergiß niemals, daß auf der anderen Seite ein Mensch sitzt
Erst lesen, dann denken, dann nochmal lesen, dann nochmal denken, und dann erst posten
Fasse Dich kurz!
Deine Artikel sprechen für Dich. Sei stolz auf sie!
Nimm Dir Zeit, wenn Du einen Artikel schreibst!
Vernachlässige nicht die Aufmachung Deines Artikels
Achte auf die "Subject:"-Zeile!
Denke an die Leserschaft!
Vorsicht mit Humor und Sarkasmus!
Kürze den Text, auf den Du Dich beziehst, auf das notwendige Minimum!
Benutze Mail, wo immer es geht!
Gib eine Sammlung deiner Erkenntnisse ans Netz weiter
Achte auf die gesetzlichen Regelungen!
Benutze Deinen wirklichen Namen, kein Pseudonym
Kommerzielles?
Keine "human gateways"
Das Netz ist keine Mailbox
"Du" oder "Sie"
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